Sloganfindung
Da hocken wir nun in den Startlöchern mit unserem Produkt oder unserer Firma. Ein cooler Firmenname ist gefunden, ein aussagekräftiges Logo ebenso, und die Markteinführung steht unmittelbar bevor. Aber für die Anzeigen, die Homepage und die Visitenkarten fehlt noch was: ein Booster, der den Start beschleunigt, so dass die Marke schnellstmöglich in den Köpfen der potentiellen Kunden angelangt und sich dort festkrallt wie der Koalabär am Eukalyptusbaum. Ist der Name der eine Zinken des Dreizacks, das Logo der andere, so fehlen noch ein paar kleine Wörtchen, um das göttliche Spießgerät zur schlagkräftigen Waffe zu vervollständigen: der Slogan! Auch Tagline genannt oder Claim, der sich durch Nuancen in der Bedeutung unterscheidet, aber meist synonym gebraucht wird.
Wenn die spontanen Eingebungen für die Katz sind
Nun, so glaubt man zunächst, kann es nicht besonders schwierig sein, ein paar Worte zu finden, die ebenso eingängig wie einprägsam sind, die Neugierde wecken, Sinn vermitteln und obendrein gut klingen und zum Namen passen. Aber nach einer Weile des Grübelns und Beratens merkt so mancher, dass es doch recht diffizil sein kann, all diese Anforderungen zu erfüllen. Wenn sich nun die spontanen Eingebungen als Rohrkrepierer entpuppen, was tun? Dann gehen wir systematisch vor und überlegen erst einmal, was genau unsere Marke auszeichnet und was die magischen paar Worte genau bezwecken sollen.
Marken- und Marktanalyse
Nehmen wir zunächst das Produkt oder das Unternehmen unter die Lupe. Am wichtigsten ist das Alleinstellungsmerkmal, und wenn es das nicht wirklich gibt, so schaffen wir eines. Notieren wir zuerst in Stichpunkten, was die Marke überhaupt kann und in einem weiteren Schritt, was sie vom Wettbewerb abheben soll.
Nehmen wir als Beispiel ein Auto. Das kann: fahren und befördern. Nichts Neues so weit. Aber was kann es besser als andere Autos? Vielleicht ist es sparsamer, schneller, sportlicher? Womöglich bequemer, praktischer, schicker? Bereitet es mehr Spaß oder ist besonders preisgünstig? Je nachdem, was zutrifft, haben wir dann schon ein paar Stichwörter zusammen. Ein paar von denen können wir vielleicht direkt streichen, da sie kein wesentliches Merkmal verkörpern oder zumindest keines, das wir erwähnen möchten, da es auf die Zielgruppe nicht anziehend wirkt.
Die verbliebenen Begriffe – nehmen wir an fahren, schnell, sportlich, Spaß – stehen dann ein bisschen einsam in der Landschaft; sie sollten etwas Gesellschaft erhalten, damit das Beet, aus dem wir pflücken, mehr Vielfalt bietet. Da wir alle kein wandelndes Wörterbuch sind, schlagen wir in einem solchen nach und picken uns Synonyme heraus sowie Begriffe aus dem semantischen Feld. So könnte sich ergeben: fahren, pesen, düsen, flitzen. Schnell, geschwind, flott, rasch. Sportlich, athletisch, stark, drahtig. Spaß, Freude, Fun, Vergnügen. Übrigens können wir, um uns noch nicht auf Wortarten festzulegen, erst einmal nur die Wortstämme vermerken; außerdem erwägen wir Steigerungen der Adjektive. Jedenfalls kristallisiert sich schon etwas heraus: so bedeutet das Verb flitzen unter anderem schnelles Fahren. Mit dem Begriff könnten wir zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen! Aber belassen wir es erstmal bei dieser Auswahl und werfen, wie angekündigt, noch den gründlichen Blick auf die Anforderungen an den Slogan, um unser Problem der Sloganfindung gleich von zwei Flanken aus in die Zange nehmen zu können, wie es großen Strategen geziemt.
Zielgruppen und Stil
Markenseitig haben wir unsere Hausaufgaben erledigt. Aber wir hegen ja noch bestimmte Vorstellungen über den Slogan. Setzen wir also Prioritäten und sieben die No-gos aus. Dabei müssen wir ganz besonders die Vorlieben und Fähigkeiten der Zielgruppe berücksichtigen. Wer soll wie angesprochen werden? Unser neues Automobil wird zwar international angeboten, aber diese Kampagne soll sich auf Deutschland beschränken. Und da es außerdem ein deutsches Auto ist, schließen wir einen englischen Slogan aus. Ansonsten hätten wir jetzt ein Dictionary bemüht und unsere oben gesammelten Begriffe übersetzt. Eine andere Sprache kommt natürlich auch nicht infrage, ein spanischer Claim würde zwar verdutzen und Aufmerksamkeit auf sich ziehen, aber das soll ja nicht die einzige Aufgabe unseres Sätzchens sein.
Den Vorteil bei der Namensfindung, alle Sprachen von Kisuaheli bis Klingonisch einsetzen zu können, wenn der Name nicht unmittelbar verständlich sein muss, können wir hier nicht nutzen. Aber Anglizismen oder allgemein verständliche Begriffe könnten in diesem Fall noch zur Debatte stehen. Reichern wir unsere Liste mal um drive an, Fun finden wir schon vor. Offenbar möchten wir eine gehobene Käuferschicht ansprechen, denn Sparsamkeit und geringe Kosten waren ja keine Kriterien für uns, und da die praktischen Aspekte ebenfalls ausgeschieden sind, liegt der Fokus bei unserem Auto eher auf dem Status, den es repräsentieren soll. Unsere potentiellen Kunden sind also tendenziell besserverdienend, damit in der Regel auch älter, erfolgreich und kultiviert.
Somit können wir allzu flapsige oder sonstwie unpassende Stichwörter schon mal aussortieren: pesen, düsen, geschwind, flott, athletisch, drahtig, Fun streichen wir. Wodurch wir auch direkt das drive wieder loswerden, denn es ließe sich allenfalls mit Fun harmonisch kombinieren. Aber merken wir uns Drive for Fun für den englischsprachigen Markt. Was können wir sonst noch zum Stil sagen? Plumpe Appelle à la Fahr mich jetzt!, absichtliche Fehler wie in Mit uns wird dir gefahren und Duzen im Allgemeinen wird unsere Zielgruppe vermutlich eher abschrecken. Weiter müssen wir noch berücksichtigen, dass wir es aufgrund der angebotenen Schnelligkeit und Sportlichkeit auch kaum mit behäbigen Greisen zu tun haben, die auf veraltende Begriffe ansprechen. Also, gehobener Stil, aber nicht langweilig und altbacken, nicht zu dezent, nicht zu markant!
Grundsätzliche Einschränkungen und Möglichkeiten
Nach der Analyse der Markeneigenschaften und der Präzisierung der Stilerfordernisse, widmen wir uns allgemeinen Grundlagen und Möglichkeiten, die quasi das Schlachtfeld bilden, auf dem wir unser Gefecht um die Zauberformel auszutragen haben. Beginnen wir mit deren Länge: mehr als fünf Wörter sind der Eingängigkeit und Merkbarkeit nicht gerade zuträglich. Ideal wären drei Begriffe, denn für die Triade scheint unser Gehirn ein Faible zu haben, wie schon am Motto der Französischen Revolution und am Anfang unserer Hymne überdeutlich wird. Gerade wenn wir unbedingt drei markante Merkmale herausstellen möchten, können wir uns dann ausnahmsweise gut des Nominalstils bedienen oder Adjektive aneinanderketten: Schnell, sportlich, stark? Wohl ein bisschen zu einseitig. Auch Begriffspaare sind sehr willkommen, aber wenn wir diese wie soeben demonstriert einfach auflisten würden, entstünde ein Gefühl gähnender Leere. Offenbar sind sie dann anders zu verknüpfen.
Der nächste Punkt ist die Klangfarbe, die mit dem Namen im Einklang stehen sollte. Meist gelten für Slogan und Namen die gleichen Kriterien: warme, lange Vokale sowie Assonanzen daraus und runde, weiche Konsonanten vermitteln eher Vertrauen als ein rasches, spitzes Krächzen. Aber auch hier kann es Ausnahmen geben, eine Sofamarke hat mutmaßlich andere tonale Erfordernisse als ein Rostentfernungsgerät, bei dem Klänge wie in Wetzt, ätzt, fetzt! nicht unpassend sein müssen. Der Begriff rasch aus unserer Liste erscheint uns verdächtig, also setzen wir ihn vorerst in Klammern. Spätestens jetzt bekommt auch flitzen die Rote Karte, wenn uns nicht vorher schon die verhängnisvolle Doppeldeutigkeit aufgefallen ist, denn unsere Kundschaft möchte wenig bis gar nichts mit Exhibitionisten zu tun haben.
Wichtig für eine kurze Werbebotschaft ist außerdem die Vermeidung von Redundanz. In der wenigen Zeit, auf dem knappen Platz wollen wir viel Inhalt transportieren, möglichst viele Vorteile sollen dem Empfänger auf Anhieb einleuchten. Auch hier gilt es wieder, den Namen zu berücksichtigen, denn wenn dieser beschreibender Natur ist, trägt er selbst schon eine Message: Der Pizzalieferdienst Antonio täte sich mit dem Slogan Wir liefern Pizza! keinen Gefallen, was offenkundig nicht nur am Mangel an Originalität liegt. In seiner Markenanalyse hat der clevere und qualitätsbewusste Antonio schon herausgefunden, was ihn von anderen Pizzalieferanten unterscheidet: er verwendet einen Steinofen. Somit wäre er wohl besser bedient mit: Heißes aus dem Steinofen! Noch nicht preisverdächtig, aber er behauptet damit seinen Unique Selling Point, und die Mehrdeutigkeit von Heißes mit der seichten Konnotation von sexy lässt außerdem vermuten, dass sein Service auch schnell ist und die Pizza somit wohltemperiert über unsere Türschwelle gereicht wird.
Doch auch hier zeigt sich wieder, dass eine Regel wie die zu vermeidender Wiederholungen – ob inhaltlich oder wortwörtlich – gebrochen werden kann, wenn wir ein Merkmal besonders betonen möchten: Er fährt und fährt und fährt? Für unseren spritzigen und wenig völkischen Wagen leider ungeeignet! Des Weiteren gilt noch zu berücksichtigen, dass unsere Begriffe positive Assoziationen und Emotionen wecken. Für sehr sachlich denkende Menschen ist letzteres oft eine große Hürde. So sei abschließend zu diesem Absatz der wohl wichtigste Punkt überhaupt hervorgehoben: Nutze so viel Brainpower wie möglich, tausche Dich aus, gehe jedem x-Beliebigen mit Deinem Anliegen auf den Keks! Denen ist übrigens sehr geholfen, wenn Du Beispiele von Slogans nennen kannst, die Dir gut gefallen. Bedenke dabei aber, dass viele Namen und Slogans erst durch eine erfolgreiche Marke bekannt wurden. Eine Computerfirma mit dem Namen und Claim Apfel – Denk verschieden! dürfte es, wenn der Native Speaker es so ähnlich versteht wie wir, eher trotz als wegen dieses verbalen Aushängeschilds zur Weltmarke geschafft haben.
Rhetorische Mittel und Stilfiguren
Werfen wir zwischendurch einen Blick auf die verbliebenen Begriffe unserer Liste: fahren, schnell, sportlich, stark, Spaß, Freude, Vergnügen. Da wir uns jetzt den rhetorischen Stilmitteln zuwenden, bei denen ich nur eine Auswahl treffe, denn eine umfangreiche Zusammenstellung ist leicht zu ergoogeln, könnten wir unsere Wortwolke gleich wieder gewaltig aufbauschen.
Metaphern verleihen der Werbebotschaft Flügel! Wir können uns gängiger Metaphern bedienen, oder – ganz hohe Kunst – selbst schlüssige erfinden. Auch Metonymien und Synekdochen eignen sich vorzüglich zum Ausbau unseres Pools. Aber um den Rahmen dieses Artikels nicht zu sprengen, gehen wir gleich über zur allseits beliebten Alliteration, die der Eingängigkeit und Merkbarkeit sehr entgegenkommt, wie man an Milch macht müde Männer munter! unschwer feststellen kann. Übrigens ist das eine tückische Behauptung, wie jeder Laktoseintolerante zu bestätigen weiß!
Schauen wir mal, was sich da in unserer Liste außer dem bereits verworfenen Schnell, sportlich, stark! anbietet: fahren, Freude und mit Abstrichen Vergnügen, das wir ausklammern. Ähnliches wie die Alliteration bewirkt der Reim, der aber in der Werbung mittlerweile so verpönt ist wie in der postmodernen Lyrik. Zu Unrecht, denn ein natürlich wirkender Reim kann durchaus ansprechend sein! Was für unser Hochwertprodukt aber nicht gilt, für das auch die Lautmalerei unpassend zu sein scheint. Eine ansonsten sehr begehrte Mehrdeutigkeit wie bei Steuer oder steuern konnten wir auch nicht aufstöbern, so dass wir auf daraus sich anbietende Konstruktionen verzichten müssen.
Jetzt haben wir mühselig zwei Begriffe herausgefiltert, die uns vielversprechend erscheinen: fahren und Freude, die nur noch geschickt zu verknüpfen sind. Fahren mit Freude?
Die Lösung
Nicht ganz rund, aber nach einer Nacht geruhsamen Schlafes, in der unser Unterbewusstsein freundlicherweise viel Arbeit verrichtet, die uns keine Mühe kostet, kommt der ohnehin unverzichtbare und leider schwer herauf zu beschwörende Geistesblitz: Aus Freude am Fahren! Ein Hauch von Understatement, melodisch, stilvoll, aussagekräftig und mit einer unaufdringlichen Kreuz-Alliteration versehen. Damit kann man sich blicken lassen auf dem konkurrenzstrotzenden Markt! Oh, das klang jetzt fast so, als hätte ich den Slogan erfunden, aber um abmahngierigen Rechtsabteilungen die Luft aus den Segeln zu nehmen: Ich war zu seiner Entstehungszeit noch nicht mal ein lüsterner Gedanke!
Fazit
Hat man derart das Ross von hinten aufgezäumt, erscheint die Aufgabe der Sloganfindung nicht allzu vertrackt. Fassen wir kurz zusammen: Wir heben die besonderen Merkmale der Marke hervor, legen einen Stil fest im Hinblick auf die Zielgruppe, berücksichtigen allgemeine Grundlagen und wenden gegebenenfalls Stilfiguren an. n der Praxis geht das natürlich nicht so säuberlich getrennt vonstatten, vieles überschneidet sich, aber so haben wir einen ganz brauchbaren Leitfaden. Ergänzend seien noch Kreativitätstechniken als Hilfsmittel erwähnt, über die es unzählige Bücher gibt.
Einen Tipp dahingehend möchte ich verraten: Stell Dir das Gegenteil dessen vor, was Dein Angebot bewirken soll, und formuliere daraufhin, wie diesem leidigen Zustand beizukommen wäre. Es ist ganz erstaunlich, wie sehr diese Methode das Blickfeld erweitert! Abschließend sei noch auf eine Selbstverständlichkeit hingewiesen: Es gibt nicht den Slogan schlechthin. Die Geschmäcker sind verschieden, und was dem einen genialisch anmutet, findet der andere schlichtweg doof.
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